„Das KZ Dachau eine Gebetsschule“

Beim Wallfahrtsgottesdienst in Glöckelberg, Tschechien, stellte Pater Regis Mushunje das Wort des Seligen Pater Engelmar Unzeitig „Gott verlässt nicht die, die auf ihn ihr Vertrauen setzen“ in den Mittelpunkt seiner Predigt

Gott verlässt nicht die, die auf ihn ihr Vertrauen setzen (5.4.42). So schreibt der Selige Pater Engelmar an seine Schwester. Liebe Schwestern und Brüder, dieses Wort fasst den Glauben des Seligen Pater Engelmar an Gott zusammen. Es zeigt uns seine Vertrauenshaltung, wenn er Leid und Verfolgung ertragen muss. Dieses Wort ist ein Zeichen der Hoffnung in allem Leid. Es zeigt unerschütterliches Gottvertrauen. Heute, liebe Schwestern und Brüder, lassen wir uns von diesem Wort leiten. Gott verlässt nicht die, die auf ihn ihr Vertrauen setzen. Der Selige Pater Engelmar hat selber dieses Gottvertrauen als Beispiel gegeben, das sein Leben geprägt hat. Das war kein leeres, frommes Wort. Was er schrieb ist ein Spiegelbild, wovon er lebte. Als der Selige Pater Engelmar diesen Brief schrieb, saß er nicht im Büro. Es war keine Predigt für den folgenden Sonntag, um die Gläubigen zu ermutigen. Das war kein frommes Wort. Er saß im KZ als er dieses Wort schrieb. Er war der Macht der Gestapo ausgeliefert. Sein Leben lag ganz und gar in den Händen einer Diktatur. Er musste sogar damit rechnen, gefoltert zu werden. Er musste täglich mit dem Tod rechnen. In diesem Moment als er schreibt ist ihm alles genommen. Seine Pfarrei ist ihm genommen. Seine Würde als Mensch ist ihm genommen.

Sogar ist sein Name ihm genommen. Er war eben nur noch eine Nummer. Welche Entwürdigung! Seine Menschenrechte sind ihm genommen. Alles ist ihm genommen. Aber eines ist ihm nicht genommen. Und niemand kann dies überhaupt ihm nehmen. Was ihm bleibt, was er festhält, war das Gottvertrauen. Angesichts des Massenelends, der satanischen Grausamkeiten und der bestialischen Gräueltaten, so schreibt ein Mithäftling, verlor Engelmar nie den Glauben an den guten und gerechten Gott (EvD, 121). Er ist um Christi willen der Macht der Gestapo ausgeliefert. Aber das wurde für ihn, jetzt, eine Gelegenheit, Zeugnis für Jesus abzulegen. Der Apostel Paulus schreibt: Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? Um deinetwillen sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt; wir werden behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat. Diese Worte, liebe Schwestern und Brüder, spiegeln genau die Situation des Engelmar. Er hätte diese Worte des Paulus auf sein Leben im KZ anwenden können: Weder Tod noch Leben, weder ein Kapo noch ein SS-Man, weder Entwürdigung noch Demütigung, weder Gewalten der Hölle von Dachau noch irgendeine Diktatur können uns scheiden von der Liebe Gottes. Das ist sein Gottvertrauen. Er sorgte nicht im Voraus für seine Verteidigung. Seine Überzeugung  war von der Heiligen Schrift geprägt: denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, so dass alle eure Gegner nicht dagegen ankommen können. Und er schildert dieses Vertrauen in seinen Briefen. Uns alle stärkt der Gedanke, dass ohne den Willen Gottes nicht einmal ein Haar von unserem Haupte fällt und dass denen, die Gott lieben oder die wenigstens sich darum bemühen, alles zum Besten gereicht (29.6.41). Er suchte Trost in der Heiligen Schrift. Er suchte Zuflucht im Gebet. Er verwandelte das KZ in eine Gebetsschule. Und in dieser Situation schreibt er: Gott verlässt nicht die, die auf ihn ihr Vertrauen setzen. Dieses Vertrauen war größer als alles, was ihm auf dieser Welt passieren konnte. Dieses Vertrauen war größer als die Grausamkeit, die er erleben musste. Durch sein Beispiel, ermutigt er uns heute. Setzt euer Vertrauen auf Gott, weil ihr zu Gott gehört. Weil ihr ganz in Gott geborgen seid. Egal, was kommt. Gott verlässt euch nicht. Das ist der Grund zum Vertrauen. Dieses Vertrauen bleibt, auch wenn man verfolgt wird. Dieses Vertrauen bleibt, sogar wenn es einem menschlich schlecht geht. Es kann mir schlecht gehen, aber ich kann auf Gott mein Vertrauen setzen.

Er schreibt weiter: Über seine Kräfte lässt Gott keinen versucht werden. Wir wollen daher mit Gottvertrauen in die Zukunft schauen und uns gegenseitig stützen, denn wahre Bruderliebe überwindet alle Bosheit der Welt (12.7.42). Oft, liebe Schwestern und Brüder, sind wir mit Leid konfrontiert. Und dann fangen wir an, Fragen zu stellen. Wenn wir an einen Gott glauben, der allwissend ist, der allliebend und allmächtig ist, warum gibt es so viel Leid in der Welt? Warum gibt es so viel Streit in den Familien? Warum bin ich in diese Krise geraten? Wo ist Gott überhaupt? Wie oft konzentrieren wir uns auf die Krise anstatt auf Gott? Dies ist der gemeinsame Fehler der Menschheit. Unser Glaube ist scheinbar nur stark, wenn uns alles gut geht. Unser Gottvertrauen ist unerschütterlich, wenn um uns scheinbar alles in Ordnung ist. Aber wenn die Krise eintritt, wenn Leid eintritt, wenn Krankheit eintritt, verlieren wir diesen Glauben. Die Herausforderungen in unseren Leben hindern uns daran, die Gegenwart Gottes in unserer Mitte zu sehen. Wenn wir ängstlich sind, verengt sich unsere Perspektive oft, weil wir nur uns selbst sehen. In Zeiten von Schmerz, in Momenten des Verlusts ist Gott immer bei uns. Und wir können am Ende Trost finden und uns für die Gegenwart der göttlichen Liebe öffnen, selbst bei extremen Prüfungen.

Jesus führt uns durch den Glauben, um die Herausforderungen in unserem Leben zu besiegen. Wenn wir leiden, wenn wir krank werden, wenn wir versucht werden, wenn uns alles genommen wird. Eines soll bleiben. Gottvertrauen. Der Selige Pater Engelmar erinnert uns: Gott lenkt alles mit wunderbarer Weisheit. Wir wissen nur nicht immer sofort, wozu alles gut ist. (10.8.41). Liebe Schwestern und Brüder, wir sind durch den Seligen Engelmar mit einem Beispiel des Glaubens und Gottvertrauens beschenkt worden, auch inmitten Verzweiflung und Dunkelheit. Selbst als er nichts als Leere und Dunkelheit erlebte, klammerte er sich an die Gewissheit, dass Gott ihn nicht verlässt und immer noch in seinen Armen hält. Das ist Vertrauen auf höchster Ebene. Sich an Gott zu klammern, selbst wenn alles, was wir täglich erfahren, Gottes Existenz zu widersprechen scheint. Gott verlässt nicht die, die auf ihn vertrauen. Amen