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Die Stipendiat:innen der START-Stiftung übergeben den Staffelstab ihrer Aktion gegen das Vergessen an die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Charlotte Knobloch lobt das beispielgebende Engagement der Jugendlichen im Rahmen der Initiative #everynamecounts der Arolsen Archives.   

Bad Arolsen / Frankfurt am Main, 16.04.2021

  • Engagierte Jugendliche sind dem Aufruf #start2remember des 20-jährigen Schülers und START-Stipendiaten Kato Uso aus Minden gefolgt und haben während ihrer Osterferien geholfen, das Online-Archiv der Arolsen Archives zur Erinnerung an NS-Opfer zu füllen.
  • Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) ruft ihre 105 jüdischen Mitgliedsgemeinden sowie Kooperationspartner:innen auf, dem Beispiel der Jugendlichen zu folgen und sich am digitalen Denkmal für NS-Opfer zu beteiligen.
  • Gemeinsam mit Freiwilligen bauen die Arolsen Archives das größte digitale Denkmal für Opfer des Nationalsozialismus auf. Jede:r kann mitmachen und so ein Zeichen für Respekt, Vielfalt und Demokratie setzen. Denn die damaligen Motive für Verfolgung sind nicht Geschichte.

Zu Beginn der Osterferien hatte der 20-jährige Schüler Kato Uso aus Minden seine Mitstipendiat:innen der START-Stiftung und die START-Community aufgerufen, sich gemeinsam an dem Aufbau des Online-Archivs zu NS-Opfern zu beteiligen. Vom 25. März bis zum 16. April 2021 sind daraufhin Jugendliche aus dem gesamten Bundesgebiet dem Aufruf #everynamecounts der Arolsen Archives gefolgt. „Genau dieses Engagement braucht es, damit das Gedenken auch in der ‘Zeit ohne Zeitzeugen’ weitergetragen werden kann. Nur wenn junge Menschen die Erinnerung wach halten, kann auch in einer Zukunft ohne Zeitzeugenberichte verhindert werden, dass die Schrecken der Vergangenheit sich wiederholen”, lobte Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Zeitzeugin des Holocaust und Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern gestern bei einer virtuellen Abschlussveranstaltung das beispielgebende Engagement der Jugendlichen.

Jugendliche von START haben was ins Rollen gebracht: ZWST führt die Aktion weiter

„Die Taten der Nationalsozialisten sollen nicht in Vergessenheit geraten. Es war ein Krieg gegen die Menschheit. Umso wichtiger ist es, jedem Opfer seinen Namen und seine Geschichte zurückzugeben“, sagt der Initiator der Aktion Kato Uso.

Aus diesem Grund greift auch die ZWST die Aktion auf: „Im jüdischen Gedenken an die Shoah ist es sehr wichtig zu erzählen, wer die Menschen hinter den Opferzahlen waren. Die #everynamecounts-Kampagne bietet eine herausragende Möglichkeit, sich jenseits von ritualisiertem Gedenken die Namen und Lebensgeschichten zu vergegenwärtigen. Deshalb wollen wir die Initiative unterstützen und den tollen Einsatz der Jugendlichen weiterführen”, erklärt Aron Schuster, Direktor der ZWST. Die ZWST ruft ihr gesamtes Netzwerk aus jüdischen Gemeinden, Wohlfahrtsverbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen auf, sich an der Crowdsourcing-Initiative #everynamecounts der Arolsen Archives zu beteiligen.

Predigt von Pater Dr. Hubert Wendl CMM beim Gottesdienst zu Ehren des Seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM in Maria Veen:

Liebe Schwestern und Brüder!

Unser Alltag läuft nicht mehr rund, es ist gewaltig Sand in das Getriebe der Welt geraten. Ein unsichtbarer Virus hat uns aus der Bahn geworfen. Und so läuft vieles nicht mehr rund; im Getriebe der Welt knirscht es gewaltig und wir sind aus unserer Ordnung geworfen. Vieles gerät durcheinander.

Gerade diese Erfahrung hat auch Pater Engelmar gemacht. Sein Leben verlief in ziemlich geordneten Kreisen, auch wenn es immer wieder geknirscht hat, wie etwa der frühe Tod seines Vaters. Aber er hat immer wieder eine Ordnung für sich gefunden, so dass er seinen Weg finden konnte. Pater Engelmar hatte sich den Mariannhiller Missionaren angeschlossen, weil er in die Mission gehen und den Glauben verkünden wollte. Nach seiner Priesterweihe am 6. August 1939 – kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges – konnte er nur kurze Zeit als Priester in Würzburg, Linz und als Pfarrprovisor in Glöckelberg wirken. Am 21. April 1941 erfolgte seine Verhaftung und nach sechs Wochen Aufenthalt im Linzer Gefängnis die Überführung in das KZ Dachau.

Als junger Priester hat er sich um französische Kriegsgefangene gekümmert, wie dann als Gefangener im KZ Dachau vor allem um russische Inhaftierte, die ihm am Herzen lagen. Er hat sich da eingebracht, wo es sein eigenes Leben kosten sollte. Pater Engelmar hat sich nicht in sich selbst zurückgezogen, sondern im Gebet und in der Feier der heiligen Messe mit Gott kommuniziert und in aller Konsequenz anderen in ihren Leiden beigestanden. Es wird sogar berichtet, dass er im Konzentrationslager manchmal beinahe die Zählappelle verschwitzt hätte, weil er tief im Gebet vor dem Allerheiligsten in der Gefangenenkapelle versunken war.

WhatsApp Image 2021 03 02 at 14.30.53Stand mit Infos in der Kirche St. Marien in Maria Veen @ 2021 pater dr. hubert wendl cmmUnd dann geriet alles in Unordnung, es war nicht nur Sand ins Getriebe geraten, sondern es schien, als ob alle Zahnräder kaputt gingen und das Chaos ab24fc6b 3936 4b55 9e7a b5620b307460Altarschmuck anlässlich des Gottesdienstes in Maria Veen ©2021 pater dr. hubert wendl cmmausbrach: Der Typhus brach im KZ aus – grenzenlos. Pater Engelmar und einige Mitbrüder wussten genau, dass diese Krankheit einen schweren Verlauf hat und unweigerlich zum Tod führt. Sein Vater war im Ersten Weltkrieg gerade an dieser Krankheit gestorben. Und nun stellt sich Pater Engelmar zur Verfügung, um diesen dem Tod geweihten Kranken zu helfen und ihnen beizustehen.

Sein Wunsch, in die Mission zu gehen, hat sich nicht erfüllt, aber er wurde nicht depressiv, sondern er erkannte, dass er auch hier "in diesem gottverlassenen Lager, in dem das Böse regiert und wo wir leicht glauben könnten, von Gott und der Welt in unserem Leiden verlassen zu sein", wie er selbst schrieb, seine missionarische Berufung leben konnte.

Am 2. März 1945 starb Pater Engelmar, nachdem er sich bei der Pflege in den Typhus-Baracken selbst mit der tödlichen Krankheit angesteckt hatte. Einige Mitbrüder aus dem Priesterblock bemühten sich um seine Asche und schmuggelten sie auf abenteuerliche Weise aus dem KZ nach Würzburg. Nach seiner Seligsprechung im September 2016 wurde die Asche von Pater Engelmar im Altar unserer Kirche in Würzburg beigesetzt.

Es gibt viele Situationen, in denen unsere Welt aus den Fugen gerät, in der Sand ins Getriebe kommt und es gewaltig knirscht. Immer wieder lässt uns das Leben zweifeln:

„Warum lässt Gott das zu?“ Es ist eine Frage, auf die es keine andere Antwort gibt als den gelebten Glauben. Ein Glaube, der Tat werden will und der in Liebe antwortet, auch in der Umgebung von Hass und Gewalt. Der Glaube kann dann wieder Ordnung in unsere Herzen bringen. Auch wenn ich selbst gefesselt bin, bleibt das Wort Gottes frei und hat die Kraft, Fesseln abzustreifen. Es ist eine Freiheit, die auch uns in unserem Alltag tragen kann. So können dann auch wir sehen, wo unsere Liebe, wo wir selbst gebraucht werden. Denn „Liebe verdoppelt die Kräfte, sie macht erfinderisch, macht innerlich frei und froh“ schreibt Pater Engelmar in einem seiner letzten Briefe aus dem KZ.

Domkapitular i.R. Dr. Jürgen Lenssen weihte eine neue Gebetsstätte zu Ehren des Seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM am Sonntag, 28. Februar 2021, ein. Sie befindet sich im Seitenschiff der Herz Jesu Kirche in Würzburg. Die Seligsprechung von Pater Engelmar machte es notwendig, den Raum im Seitenschiff neu zu gestalten. Von 1968 bis 2016 befand sich hier der Ruheplatz für die sterblichen Überreste von Pater Engelmar Unzeitig. Am Tag nach der Seligsprechung von Pater Engelmar fand die Urne einen neuen Platz im Hauptaltar der Kirche. Domkapitular i.R. Dr. Jürgen Lenssen übernahm es nun, den Raum neu zu gestalten, so dass Menschen an diesem Ort ihre Bitten und Anliegen dem Seligen Pater Engelmar empfehlen können. Die Fotos der Feier stammen von Roswitha Pax und Rudolf Müller. Allen Beteiligten sagen wir Missionare von Mariannhill ein herzliches Vergelt's Gott.

Bis heute suchen Menschen nach Informationen über ihre Angehörigen, die durch das NS-Regime ermordet, verfolgt oder verschleppt wurden. 2020 ist die Zahl der Anfragen bei den Arolsen Archives wieder um rund zehn Prozent gestiegen. Das weltweit umfangreichste Archiv über Verfolgte des Nationalsozialismus erhielt Anfragen zu mehr als 26.000 Personen – fast drei Viertel stammen dabei von Angehörigen. Weniger als ein Prozent der Anfragen kam von Überlebenden selbst. In etwa 60 Prozent der Fälle konnten die Arolsen Archives Antworten geben und Kopien von Dokumenten zur Verfügung stellen. Insgesamt wandten sich Menschen aus rund 70 Ländern an die Arolsen Archives, besonders stark vertreten waren Deutschland, Frankreich, die Staaten der ehemaligen Sowjetunion, die USA und Polen.

Wissensquelle für 900.000 Nutzer*innen

Großes Interesse besteht auch am Online-Archiv der Arolsen Archives: 2020 recherchierten rund 900.000 Nutzer*innen aus aller Welt in der digitalen Sammlung. Seit 2019 haben die Arolsen Archives dort 27 Millionen Dokumente aus ihrer Sammlung veröffentlicht, die mit insgesamt 30 Millionen Dokumenten zum UNESCO Weltdokumenterbe zählt. Sie gibt Auskunft über KZ-Inhaftierte, Zwangsarbeiter*innen und die Überlebenden der Verfolgung.

„Das Interesse an Originaldokumenten, die die Verbrechen des Nationalsozialismus bezeugen, ist sehr groß“, erklärt Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. „Die Zahl der Überlebenden oder Zeug*innen wird mit jedem Jahr kleiner. Umso wichtiger werden die Dokumente, die gewissermaßen an ihrer Stelle zu jüngeren Generationen sprechen und oftmals die letzte Spur der Opfer sind.“

Sohn erhält Füller und Armbanduhr zurück

Im Februar konnten die Arolsen Archives ein ganz besonderes Paket auf die Reise nach Frankreich schicken: Michel Loncar erhielt die Armbanduhr und den Füller seines Vaters Michajlo Loncar. Es handelte sich um die 500. Rückgabe von persönlichen Gegenständen an die Familien von KZ-Inhaftierten. „Wir haben vor gut vier Jahren unser Projekt #StolenMemory gestartet und zusammen mit Freiwilligen die Suche nach Familien aufgenommen“, berichtet Floriane Azoulay. „Niemand hätte vermutet, dass es möglich sein würde, noch so viele Gegenstände endlich in die richtigen Hände zu geben.“

Michajlo Loncar wurde in Skalica in der heutigen Slowakei geboren und 1944 von den Nationalsozialisten aus Frankreich deportiert. Er musste in einem Außenlager des KZ Neuengamme Zwangsarbeit leisten, überlebte das Lager und starb 2000 in Frankreich. „Für die Angehörigen ist die Rückgabe der persönlichen Gegenstände von großer emotionaler Bedeutung“, betont Floriane Azoulay. „Sie erzählen von Verfolgungsgeschichten, die quer durch Europa verliefen, sind ein Fenster in die Vergangenheit und bringen Erinnerungen zurück in die Familien.“

Die Arolsen Archives bewahren noch rund 2500 sogenannte Effekten auf und suchen weiterhin nach den Familien.

Über die Arolsen Archives

Die Arolsen Archives sind ein internationales Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie beinhaltet Dokumente zu den verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes und ist eine wichtige Wissensquelle für die heutige Gesellschaft.

Die Broschüre „Werkheft - Gebete - Texte - Lieder“, das von der Deutschen Provinz der Missionare von Mariannhill herausgegeben wurde, enthält zahllose Materialien für die Gestaltung von Andachten, Gottesdiensten etc. rund um den Seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM.
Provinzial Pater Christoph Eisentraut CMM schreibt in seinem Vorwort zu diesem Werkheft: "Liebe Leserinnen und Leser, mit Freude darf ich Ihnen dieses Werkheft zur Verfügung stellen. Es soll allen helfen, die Materialien suchen, um das Gedenken an den Seligen Mariannhiller Märtyrer Pater Engelmar Unzeitig lebendig zu halten. Besonders natürlich an seinem offiziellen Gedenktag am 2. März, aber auch bei verschiedenen anderen Gelegenheiten, wie z.B. bei Wallfahrten an Orte, die mit seinem Leben, Wirken und Leiden verbunden sind. Dieses Heft enthält neben den vom Vatikan offiziell approbierten Gebeten auch andere Texte als Studienausgabe, die bei der Vorbereitung von Gottesdiensten behilflich sein können. Ein besonderer Schatz sind die Lieder, die im Zusammenhang mit der Seligsprechung im September 2016 entstanden sind. Sie sind so gedruckt, dass sie leicht kopiert werden können. Gleichzeitig kann dieses Werkheft aber auch besonders bei kleineren Gruppen als Liederbuch für Pater Engelmar-Feiern ausgelegt werden. (...) Möge dieses Werkheft dazu beitragen, das Beispiel dieses Märtyrers der Nächstenliebe auch für unsere Zeit fruchtbar zu machen."

Sie können es kostenlos über unseren Webshop bestellen oder es sich dort als PDF-Datei herunterladen.

Im Archiv der Missionare von Mariannhill hat Pater Dr. Hubert Wendl eine schöne Entdeckung gemacht. Er schreibt dazu: "Ich fand diesen kleinen Bericht über Pater Engelmar und die Beisetzung der Asche in Würzburg in einer Mappe mit Provinzratsitzungen. Pater Willehad Krause berichtet darin über die Beisetzung der Asche Pater Engelmars am Karfreitag 1945 auf dem Hauptfriedhof in Würzburg und der Einnahme der Stadt Würzburg durch die amerikanische Armee."

Pater Engelmar Unzeitig C.M.M.

Am 2. März 1945 starb in Dachau Pater Engelmar Unzeitig, nachdem er Jahre im KZ zugebracht hatte. Der hochw. Herr Richard Schneider, Pfarrer in Beuggen, Amt Säckingen, war mehrere Jahre sein Baracken- und Tischkamerad. Nach seiner Befreiung besuchte er uns im Piusseminar und erzählte von Dachau und Pater Engelmar. Er bezeichnete ihn als einen Heiligen, der es verdiene, dass der Beatifikationsprozess über ihn eingeleitet werde. Man habe aus dem Munde Pater Engelmars nie eine Klage vernommen. Nie wurde er ungeduldig, sondern forderte immer wieder seine Leidensgenossen auf, alle Quälereien im Geiste der Sühne und Buße zu erdulden. Er sagte von sich selber, dass er Gott sein Leben für Russland aufgeopfert habe. Mit großem Fleiß erlernte er die russische Sprache und brachte es darin auch zu großer Fertigkeit. In priesterlicher Liebe nahm er sich der russischen Gefangenen an und bekehrte eine Reihe von ihnen vom Bolschewismus und der Orthodoxie zum katholischen Glauben. Anfangs 1945 meldete er sich freiwillig ins Lager der Flecktyphuskranken, um dort Pflegedienste zu leisten und den Sterbenden als Priester beizustehen. Dort wurde er selber von der Krankheit ergriffen und starb am 2. März 1945. Herr Pfarrer Schneider konnte den Krematoriumswärter bewegen, die Leiche Pater Engelmars gesondert zu verbrennen. In einem Leinensäckchen sammelte er dann die Asche, band es sich um den Leib und brachte sie glücklich aus dem Lager hinaus. Pater Barnabas OSB brachte das Kistchen mit den Überresten von Pater Engelmar nach Würzburg, wo wir es am Gründonnerstag in Empfang nahmen. Wir bahrten es zunächst in der Krypta auf und setzten es am Karfreitag in unserer Gruft auf dem hiesigen Friedhof bei. Es war unmittelbar vor der Einnahme der Stadt durch die Amerikaner. In nächster Nähe schon tobte der Kampf. Städtische Autoritäten, Friedhofsamt usw. gab es nicht mehr. So mussten wir eigenmächtig handeln und die Gruft selber öffnen und schließen. Während der Beschießung der Stadt durch die am. Artillerie rief ich Pater Engelmar um seinen Schutz für das Seminar an. Abgesehen von zwei Treffern am Turm, die nicht durchschlugen, von zwei Treffern an der Kirche, die ebenfalls nur ganz geringen Schaden anrichteten und einem Treffer ins Seminar, der drei Zimmer zerstörte, kamen wir mit dem Schrecken davon. Das Miss.ärztl. Institut und das Standortlazarett, unsere Nachbarn, wurden viel schwerer beschädigt, und die Wirtschaft zum Letzten Hieb wurde in Brand geschossen und brannte vollständig nieder.

(gez.) Pater Willehad

Zur Einordnung des Berichts:

Dieser maschinengeschriebene Bericht befindet sich eingeheftet in der Ringmappe der Provinzrats-sitzungen auf der handschriftlichen aufgeführten Seiten 111 und 112. Der Bericht befindet sich zwischen den protokollierten Provinzratsitzung vom 23. November 1945 in Reimlingen und der Sitzung vom 19. Januar 1946 in Würzburg.

Unterzeichnet ist der Bericht von Pater Willehad Krause, der in dieser Zeit Rektor des Piusseminars in Würzburg und auch Provinzrat war.

Die anfangs handschriftlichen Protokolle der Provinzratsitzungen beginnen am 5. September 1936 in Würzburg auf S. 1 und enden mit der Sitzung am 27. August 1953 im Seminar St. Josef in Reimlingen. Die Nummerierung der Seitenzahlen wurde handschriftlich eingefügt und endet mit der Sitzung am 14. Oktober 1947 in Reimlingen mit S. 144. Die übrigen Sitzungen sind danach chronologisch ohne Seitenzahlen beigefügt.

Zur zeitlichen Einordnung des Berichts:

Die Asche von Pater Engelmar wurde von Herrn Leo Pfanzer Ende März 1945 den Mariannhillern übergeben. Die Stadt Würzburg lag nach dem großen Luftangriff vom 16. März 1945 in Trümmern, das Piusseminar lag allerdings außerhalb der zerstörten Zone und bot damals Studenten und der Theologischen Fakultät Unterkunft.

Der Gründonnerstag fiel im Jahr 1945 auf den 29. März und der Karfreitag auf den 30. März.

In der Chronik des Piusseminars heißt es über die Beisetzung von Pater Engelmar auf dem Friedhof: „Heute haben wir um 9h unseren Pater Engelmar Unzeitig in unserer Gruft beigesetzt. Ein Benediktinerpater brachte seine Asche in ein[em] Holzkästchen aus DACHAU mit. 5 Jahre hat er dort heiligmäßig gelebt und sei dort auch heiligmäßig am 2. März 45 gestorben.“[1]

Der Kampf am Kriegsende um die Stadt Würzburg dauerte vom Karsamstag, dem 31. März 1945 bis zum darauffolgenden Freitag, dem 6. April 1945 und endete mit der Einnahme der Stadt durch die 42. US-Infanteriedivision.

Pater Willehad beschreibt am Ende seines Berichts diesen Kampf um Würzburg. Da der Bunker des Gauleiters sich zwischen dem Piusseminar und dem „Letzten Hieb“ befand, geriet auch das Piusseminar in Beschuss. Nach einem Bericht heißt es für den Donnerstag, dem 5. April: „Es schießt noch tüchtig in der Stadt. Der Kampf tobt im Viertel unterhalb Mariannhill. Um 17 Uhr eine große Detonation, ein riesiger Rauchpilz, dann ein großer Brand: Der ‚Letzte Hieb‘ hat Volltreffer erhalten und steht in Flammen.“[2]

Pater Dr. Hubert Wendl CMM

[1]Chronik der Congregation der Mariannhiller Missionare Pius-Seminar Würzburg.

[2]Würzburger Chronik des denkwürdigen Jahres 1945. Herausgegeben von Dr. Hans Oppelt im Auftrage des Stadtrates Würzburg, 1947, S. 93.

Bericht über Pater Engelmar im Provinzarchiv der Missionare von Mariannhill

Mit einem feierlichen Pontifikalgottesdienst wurde am 18. Oktober durch Bischof Franz Jung der neue Altar in der Riederner Pfarrkirche St. Kilian und St. Valentin eingeweiht. In der mehr als zweistündigen Messe wurde auch der restaurierte Taufstein geweiht und der neue Ambo gesegnet. Eindrucksvoll ist die Altarweihe mit ihren genau festgelegten Abläufen. Mit Unterstützung von Steinmetzmeister Manfred Neuberger wurden zunächst die Reliquien im Reliquiengrab des neuen Altars eingesetzt. In Riedern sind dies Reliquien des heiligen Burkhard (erster Bischof von Würzburg), des heiligen Vitus (ein frühchristlicher Märtyrer) und des seligen Pater Engelmar Unzeitig, bekannt als Engel von Dachau.

Gefunden und gesucht: #StolenMemory Wanderausstellung über persönliche Gegenstände von KZ-Häftlingen startet.

Die Arolsen Archives eröffnen am 14. August 2020 in Meßkirch die neue Freiluft-Wanderausstellung #StolenMemory. Im Zentrum stehen dabei sogenannte Effekten und deren Rückgabe an Angehörige der NS-Opfer. Mehr als 100 Effekten übergeben die Arolsen Archives pro Jahr an Familien ehemaliger Häftlinge, seit dem Start der Suchkampagne 2016.

  • Ab August 2020 reist die #StolenMemory-Ausstellung im Rahmen der Fördermaßnahme „Kultur in ländlichen Räumen“ (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) durch 20 Städte in ganz Deutschland. Präsentiert wird die Ausstellung in einem ausklappbaren und begehbaren Übersee-Container.
  • Effekten sind persönliche Gegenstände, die den Häftlingen bei ihrer Ankunft in den Gefängnissen und Konzentrationslagern der Nationalsozialisten abgenommen und bis heute aufbewahrt wurden.
  • Zum Konzept der #StolenMemory-Ausstellung gehören neben den Inhalten vor Ort und auf einer begleitenden Website auch eine neu entwickelte Augmented-Reality-App mit Videoportraits einzelner Angehöriger und ihren Geschichten zu den Effekten.
  • Auf der neuen interaktiven Website zur Ausstellung stolenmemory.org finden Interessierte die Inhalte der Ausstellung und weiterführende Informationen online.

#StolenMemory: ein Füller, eine Uhr oder ein paar Fotos

Effekten sind persönliche Gegenstände, die das Lagerpersonal Häftlingen bei ihrer Ankunft in den Gefängnissen und Konzentrationslagern der Nationalsozialisten abnahmen. Darunter zählen unter anderem Füller, Eheringe, Uhren und auch Fotos. In den 1960er Jahren gingen diese Gegenstände in den Bestand der Arolsen Archives über. Die Institution sieht es als ihre Aufgabe an, diesen persönlichen Besitz der Inhaftierten den Familien zurückzugeben. Noch immer bewahren die Arolsen Archives ungefähr 2.500 Effekten auf.

Das Ziel: Aufmerksamkeit und Unterstützung

Die Ausstellung zeigt neben Hintergrundinformationen zu den Arolsen Archives zwei Themenbereiche: Unter der Überschrift „Gefunden“ geht es um Effekten, die bereits zurückgegeben werden konnten, während das Thema „Gesucht“ Effekte aufgreift, die noch auf ihre Rückgabe warten. Eine wichtige Botschaft ist deshalb auch: Jeder und jede kann die Arolsen Archives bei der Suche und Rückgabe unterstützen. Bereits weit über 400 dieser besonderen Erinnerungsstücke gaben die Arolsen Archives mit Hilfe Freiwilliger aus den Niederlanden, Polen, Frankreich und anderen Ländern an Familien der NS-Verfolgten zurück.

Auf der neuen interaktiven Website zur Ausstellung stolenmemory.org finden Interessierte die Inhalte der Ausstellung und weiterführende Informationen online.

Die Bedeutung der Effekten

„Viele Opfer der Nationalsozialisten hinterließen keine materiellen Spuren für ihre Familien, weil die Nationalsozialisten ihnen alles nahmen“ so Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. Die Rückgabe der Effekten sei für die Angehörigen deshalb oft sehr unerwartet: „Einige von ihnen wissen nichts oder nur wenig über diesen Teil der Lebensgeschichte ihrer Großeltern, Eltern, Onkel und Tanten“. Umso wichtiger sei es, dass die Gegenstände in die Familien zurückkehrten. „Oft sind die Effekten ein Puzzleteil, dass dann an den richtigen Ort fällt, gar eine Lücke schließt – und eine gewisse Nähe zu den verlorenen Familienmitgliedern wiederherstellt“ berichtet Azoulay.

Die Ausstellungsstationen 2020

Meßkirch (Baden-Würtemberg):         14.8. bis 26.8.2020

Kahla (Thüringen):                             28.8. bis 9.9.2020

Frankenberg (Sachsen):                     11.9. bis 23.9.2020

Eutin (Schleswig-Holstein):                 25.9. bis 7.10.2020

Friedrichsruh (Schleswig-Holstein):    9.10. bis 21.10.2020

Spenge (Nordrhein-Westfalen):          23.10. bis 4.11.2020

Reken (Nordrhein-Westfalen):            6.11. bis 18.11.2020

Geeste (Niedersachsen):                    20.11. bis 2.12.2020

Anlässlich der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau vor 75 Jahren betont Kardinal Reinhard Marx die Notwendigkeit, „aufeinander zu achten, jedes menschliche Leben zu schützen und für den Frieden und die Gerechtigkeit für alle Menschen und Völker einzutreten“. Der Erzbischof von München und Freising bezeichnet Dachau in einem Videobeitrag der Reihe „Mittwochsminuten“ als einen „Ort der Erinnerung, aber auch Auftrag für heute“. Für den kurzen Film hat er die dortige KZ-Gedenkstätte besucht. Die Serie „Mittwochsminuten“ bietet in der momentanen Situation geistliche Impulse an. Jeweils mittwochs ab 12 Uhr werden die Videos im Internet unter www.erzbistum-muenchen.de/mittwochsminuten sowie auf den Social-Media-Kanälen der Erzdiözese eingestellt.

Dachau ist laut Marx während der Schreckensherrschaft durch die Nationalsozialisten zum Ort eines „ungeheuerlichen, unvergleichlichen Zivilisationsbruchs“ geworden. Das NS-Regime hatte ab dem 22. März 1933 etwa 206.000 Menschen aus 34 Nationen in das Konzentrationslager Dachau und in die später errichteten Außenlager verschleppt. Das Lager gehörte zu den ersten in Hitler-Deutschland und wurde zum Modell für die späteren Orte des SS-Terrors. Bis heute sei ihm „unbegreiflich, wie in einem christlich geprägten Land wie Deutschland solche Verbrechen möglich waren“, so Marx. Aus der Tatsache, dass sie verübt worden seien, folge „ein Auftrag an uns heute, achtsam und aufmerksam füreinander zu sein“. Jedes menschliche Leben sei kostbar, stellt Marx klar: „Unabhängig von Religion, Konfession und Geschlecht. Wir sind eine Menschheitsfamilie!“

Aufgrund der Coronakrise ist die KZ-Gedenkstätte Dachau derzeit geschlossen. Angebote für das digitale Gedenken finden sich auf der Website www.gedenkstaettenseelsorge.de, darunter eine Praxishilfe zum Erinnern an die sogenannten Todesmärsche von KZ-Häftlingen durch Bayern im Frühjahr 1945 und an die zahlreichen Außenlager der bayerischen Konzentrationslager Dachau und Flossenbürg.

Die Wallfahrt zur Pfarrkirche des Seligen Engelmar Unzeitig in Glöckelberg / Böhmerwald am Samstag, 20. Juni 2020, muss leider abgesagt werden. Hauptgrund ist die Unsicherheit bezüglich der Reisefreiheit an den Grenzübergängen zwischen Deutschland, Österreich und Tschechien. Wir bedauern diese Entscheidung sehr. Mögen wir auf die Fürsprache des Seligen Pater Engelmar diese Pandemie und ihre Folgen gut meistern. Seliger Pater Engelmar bitte für uns.
Im Jahr 2021 soll diese Wallfahrtstradition wieder aufgegriffen werden. Wir werden Sie hier rechtzeitig informieren.

Pater Christoph Eisentraut CMM
Regionaloberer Österreich, Provinzial Deutschland

Ein möglicher Termin wäre im nächsten Jahr am Samstag, 26. Juni 2021, in Zusammenarbeit mit der Pfarre St Markus, Linz-Urfahr. Wir halten Sie auf dem Laufenden! Seliger Pater Engelmar bitte für uns!

Sehr geehrte Damen und Herren,

in diesem Jahr können - wo am kommenden Sonntag 3. Mai der 75. Jahrestag der Befreiung begangen wird –  die eigentlich lange geplanten Gedenkfeiern und Veranstaltungen nicht stattfinden.

Um wenigstens ein paar Möglichkeiten der Erinnerung und des Gedenkens - und auch des Trostes und der Ermutigung gegenüber den Bedrängnissen der Gegenwart und den Anforderungen für die Zukunft zu geben, haben verschiedene Organisationen unterschiedliche online-Angebote erstellt. 

Die beiden Kirchen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau - die evangelische Versöhnungskirche und die katholische Seelsorge (mit der Todesangst-Christi-Kapelle) haben eine online Video-Andacht gestaltet, die seit heute in vier Versionen zu sehen ist: 

Langfassung deutsch (4:21): https://youtu.be/DrOrmAIhvK8

Kurzfassung deutsch (4:41): https://youtu.be/-8nBYrZBq2c

Langfassung englisch (24:23): https://youtu.be/06FtoR-z20c

Kurzfassung englisch (27:45): https://youtu.be/Msb5TdEHL40

Die Texte auf deutsch finden Sie hier: https://www.gedenkstaettenseelsorge.de/files/dokumente/380-2020_04_29_OEkum._Andacht_zu_75_Jahre_KZ-Befreiung_Dachau_deutsch.pdf

Die Texte auf englisch finden Sie hier: https://www.gedenkstaettenseelsorge.de/files/dokumente/380-2020_04_29_Dachau_75th_year_Liberation_Memorial_Church_Service.pdf

Die Meldung / Ankündigung dazu ist hier zu finden: https://www.erzbistum-muenchen.de/news/bistum/Kirchen-gedenken-der-Opfer-des-Konzentrationslagers-Dachau-36775.news

Über diese Berichte und Hinweise freuen wir uns auch:

https://www.sonntagsblatt.de/75-jahre-befreiung-kz-gedenkst%C3%A4tte-dachau-nationalsozialismus-gedenken

https://nagelkreuz.org/nagelkreuzgemeinschaft/ccn-germany/dachau/oekumenisches-gedaechtnis-der-befreiung-des-konzentrationslagers-dachau

http://www.jsfamilytrees.com/dachau-liberators--survivors.html

Mit allen guten Wünschen für diese bemerkenswerten – und auch merk-würdigen Tage – dass Sie sich tragen lassen können vom Vertrauen und der Hoffnung – auch und gerade dann, wenn die Sorgen womöglich besonders groß sein sollten. 
und freundlichen Grüßen
Ludwig Schmidinger

Viele aktuelle Hinweise finden Sie auch auf der völlig neu gestalteten website der KZ-Gedenkstätte (Stiftung Bayerische Gedenkstätten) 

https://www.kz-gedenkstaette-dachau.de/ 
bzw. zum 75. Jahrestag hier: 
https://www.kz-gedenkstaette-dachau.de/aktuelles/liberation/ 
https://www.kz-gedenkstaette-dachau.de/veranstaltungen/75-jahrestag/

Beim Gedenkgottesdienst am Samstag, 7. März, in der Marienkirche in Maria Veen erinnert Pater Dr. Hubert Wendl an den seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM, der vor 75 Jahren im KZ-Dachau sein Leben opferte. In seiner Predigt sagte er:

"Liebe Schwestern und Brüder!

In diesem Jahr werden wir oft noch an Ereignisse denken, die vor 75 Jahren geschahen, vor allem die Erinnerung an das Ende des zerstörerischen Krieges, in dem viele Millionen Menschen starben. Der Krieg ließ die Überlebenden in Trümmern und Ruinen zurück, viele in Hoffnungslosigkeit und Trauer. Und dennoch gelang es Neues aufzubauen. Feinde eines erbitterten Krieges konnten wieder zueinander finden und viele Gräben und Risse konnten überwunden und geschlossen werden. Aber es ging auch ein zerstörerisches politisches Regime zu Ende, das für viel Leid und unsagbare Menschenverachtung verantwortlich war.

Pater Engelmar hat dies nicht mehr erlebt. Er starb bereits am 2. März 1945 im Alter von gerade einmal 34 Jahren nach fast vier Jahren Haft im Konzentrationslager Dachau an Typhus. Und dennoch kannte er die Situation und die Trostlosigkeit, dass alles aus ist, sehr genau. Er war ein Opfer der Nazi-Politik, er wurde verhaftet und letztendlich nach Dachau gebracht. Es gab kein Gerichtsurteil; allein die Anklage „Kanzelmissbrauch“ genügte, um ihn einfach aus den Weg zu räumen.

Pater Engelmar hat nicht in Kategorien von Überlegenheit und Minderwertigkeit oder von Freunden und Feinden der damaligen Politik gedacht. Er sah in anderen Völkern keine Rivalen, denn das richtet Grenzen auf zwischen Menschen und Nationen und erzeugt Feindbilder. Aber gerade dadurch geht heute mehr und mehr die Fähigkeit verloren echte Beziehungen einzugehen und sich einem Miteinander zu öffnen. Eine große Gefahr für das gemeinsame Miteinander ist der Neid als Traurigkeit über das Gut, über das Glück eines anderen; das Schielen und das Vergleichen, das Beziehungen nachhaltig vergiftet. Pater Engelmar hat sich dadurch nicht vergiften lassen und hat das Liebesgebot Jesu bis zum Ende gelebt.

Pater Engelmar Unzeitig übernimmt am 1. Oktober 1940 die Leitung der schwierigen Pfarrei Glöckelberg. Es waren harte Monate für den Neupriester. Nicht nur der Winter war streng, auch die Seelsorge forderte ihn heraus. Nicht laut, aber deutlich bezog Pater Engelmar gegen Hitler und die Politik Stellung. Er wurde denunziert und am 21. April 1941 von der Gestapo wegen „Kanzelmissbrauch und Beleidigung des Führers“ verhaftet.

Er wurde beschuldigt, sich für verfolgte Juden einzusetzen und dass er nicht den Führer, sondern Christus als seinen obersten Herrn betrachte. Und er sollte die Jugend lehren, dass Gehorsam gegenüber Gott wichtiger sei als gegenüber weltlicher Macht, was der damaligen politischen Macht natürlich überhaupt nicht passte.

Am 3. Juni 1941 kam Pater Unzeitig in Dachau an und wurde zur Nummer: 26 147 – mit allen Schikanen eines KZs. Ab April 1942 arbeitete er auf der sogenannten Plantage, in der „Messerschmitthalle“ und auch in Schreibstuben. Das KZ Dachau war kein eigentliches Vernichtungslager, aber es geschah Vernichtung durch Arbeit, Entbehrung, Hunger und Krankheit.

Die Jahre im KZ Dachau waren für Pater Engelmar die Hölle und viele seiner Mitgefangenen verfielen in Trostlosigkeit. Dabei war eigentlich die Mission seine Berufung: Er lernte bereits in seiner Heimat die tschechische Sprache, nutzte seine Kenntnisse in Französisch für die Seelsorge mit Kriegsgefangenen in Riedegg, und er lernte Russisch, um besseren Zugang zu Mitgefangenen aus Russland und der Ukraine zu finden. Gerade diese Häftlinge waren ihm in all dem Elend des KZ ein besonderes Anliegen, mit ihnen kam er ins Gespräch über das Reich Gottes.

Vor 75 Jahren wurden aber auch die Konzentrationslager befreit. Der Gedenktag für das KZ Auschwitz am 27. Januar liegt bereits hinter uns. Kurz zuvor hatten die SS-Leute die meisten Häftlinge dort noch auf Todesmärsche nach Westen getrieben.

Am 29. April 1945 schließlich rückte eine amerikanische Einheit in das Konzentrationslager Dachau ein. Unter unbeschreiblichem Jubel wurden die amerikanischen Soldaten von mehr als 32.000 überlebenden Gefangenen begrüßt und mussten sich aber auch schrecklichen Bildern von Leichen und Menschenverachtung stellen.

Pater Engelmar hat diesen Tag nicht mehr erlebt, aber er hatte, wie viele seiner Mithäftlinge Informationen über die Situation in Deutschland. In seinen letzten Tagen konnten die Häftlinge die Bombardierungen in der Umgebung bereits hören und spüren und viele warteten auf die heranziehenden Befreier.

Bereits in den letzten Dezemberwochen 1944 brach eine Flecktyphus-Epidemie im Lager aus – mit mehr als 100 Toten täglich. Weil das Krankenrevier zu klein war, wurden einfach einige Baracken eingezäunt und die Erkrankten in diesen Quarantänestationen zusammen gepfercht. Da niemand mehr bereit war, als Pfleger in dieser Lage zu arbeiten, wurden Freiwillige gesucht. Pater Engelmar war einer von den Priestern, die sich zu diesem Dienst meldeten. Sie widmeten sich der Pflege der Todkranken und spendeten die Sakramente. Immer wieder kamen helfende Geistliche an den Zaun der Todesbaracken und brachten Lebensmittel, Kommunionen und Krankenöle und unterstützten sie so in ihrem Dienst am Nächsten. Für die freiwilligen Pfleger war es ein Gang in den Tod. Am 2. März 1945 starb auch Pater Engelmar an Flecktyphus und wurde schon damals von vielen als der „Engel von Dachau“ bezeichnet.

Wenn wir seine Briefe aus dem KZ lesen, spüren wir etwas vom seinem tiefen Gott-vertrauen, von seinem seelsorglichen Einsatz, von seiner Frömmigkeit, die so stark war, dass selbst Verleumdung, Spott, Hunger und Grausamkeit ihn nicht davon abbringen konnten, sich bei Gott geborgen zu wissen. So schreibt er: „Gottes Wege sind wunderbar. Ja, Gott braucht uns nicht, nur unsere Liebe, unsere Hingabe, unser Opfer. So hoffe auch ich, den unzähligen Heimatlosen, als den Hilf- und Trostlosen, besonders in den schwer heimgesuchten Städten in etwa zu Hilfe kommen zu können. Dazu hat uns wohl Gott aus der aktiven Seelsorge herausgenommen, dass wir als große Beterschar durch Gebet und Opfer zu Gott um Gnade und Erbarmen flehen für unsere Brüder und Schwestern draußen.“

Seine Liebe zu Gott und zum Nächsten war der tragende Grund seiner Bereitschaft, sich im KZ derer anzunehmen, die sich schwerer taten als er; Gottes fürsorgliche Hand in allem zu sehen und trotz der Härte des Lagerlebens auch weiterhin an Gottes Güte zu glauben. Obwohl sein Wunsch, in die Mission zu gehen, sich nicht erfüllt hatte, wurde er nicht depressiv, sondern er erkannte, dass er auch hier in der Hölle von Dachau, regiert vom Bösen, seine missionarische Berufung leben konnte und das Reich Gottes verkünden konnte.

Und wir? – Heute? – 75 Jahre später? – Haben wir in diesem 75 Jahren dazu gelernt?    Als ob die vergangenen Jahre nicht gewesen wären, gibt es Angst, dass Fremdes uns überschwemmt, gibt es Angst vor fremden Menschen, ja sogar Hass und Mordlust.

Wir brauchen keine Verfolgung, Bestrafung oder gar Hinrichtung zu fürchten und dennoch fällt es uns dabei schwer zu reagieren und unseren Glauben zu bekennen. Der selige Pater Engelmar kann uns helfen, dass wir als Christen mehr Mut haben, dass wir uns nicht zurückdrängen lassen. Er kann uns helfen uns mit anderen zusammen zu setzen und gemeinsam über das Reich Gottes sprechen. Wir müssen mit dem Glaubenszeugnis in die Öffentlichkeit, überzeugend mit einer ehrlichen christlichen Grundhaltung auftreten. Denn „Liebe verdoppelt die Kräfte, sie macht erfinderisch, macht innerlich frei und froh“ schreibt Pater Engelmar als Aufmunterung für sich – und für uns."

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