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Seliger Pater Engelmar als Fürbitter für Europa
Pater Damian Weber CMM erinnert sich: "Es war im August 2007. Unser Mitbruder Christian Blouin, Bischof von Lae in Papua Neu Guinea, kam zu Besuch nach Rom und wünschte auch den Heiligen Vater treffen zu können. Papst Benedikt XVI. war schon in seinem Sommersitz in Castel Gandolfo. Dort gewährte er uns eine Privataudienz. Dieses Treffen entwickelte sich schließlich zu einem außerordentlichen Ereignis. Und zwar wegen Pater Engelmar Unzeitig, dessen Prozess für eine Seligsprechung schon seit mehreren Jahren lief. Lasst mich erzählen:
Der Papst war natürlich informiert, dass Bischof Christian vom General der Mariannhiller Missionare begleitet wurde. Als er mir dann zum Gruß die Hand gab, fragte er mich mit spürbarem Interesse, ob der Prozess von Pater Engelmar vorankomme und wie es diesbezüglich gehe. Ich konnte ihm berichten, dass Vorbereitungen für die «Consulta Medica» gemacht werden, und dass wir zuversichtlich waren, dass ein endgültiges Urteil über das Wunder bald möglich sei. (Für eine Selig- oder Heiligsprechung braucht es immer ein Wunder. Um dann die Echtheit eines solchen Wunders zu bestätigen, wird es von drei Medizinern geprüft, und muss dann von mindestens zwei von ihnen bestätigt werden. Vor der endgültigen feierlichen Erklärung ist aber noch ein zusätzliches «Hindernis» eingebaut, eben die «Consulta Medica». In diesem Gremium von medizinischen Experten sind neben den drei aus der ersten Konsultation noch vier weitere Ärzte/Ärztinnen. Auch dieses Gremium muss dann mit zahlenmäßiger Mehrheit die Echtheit des Wunders bestätigen.)
Im Fall von Pater Engelmar hatten in der ersten Instanz zwei der Ärzte keine Zweifel an der Echtheit des Wunders. Daher waren wir zuversichtlich, dass auch die zweite Instanz zum selben Resultat kommen würde. Papst Benedikt XVI. war sichtlich erleichtert über meine Antwort und sagte dann, mit sicht- und spürbarer Erregung: «Wir brauchen Pater Engelmar als Fürbitter Europas. Er kennt Europas Zerbrechlichkeit aus Erfahrung, und als Missionar weiß er auch, was Europa braucht.»
Die Consulta Medica endete dann allerdings nicht so, wie wir erhofft hatten. Aufgrund einsichtiger Argumente entschieden alle sieben einstimmig, dass das «Wunder» auch natürlich erklärt werden konnte. Als ich dann dieses Resultat Papst Benedikt XVI. berichten wollte, war ich überrascht zu sehen, dass er darüber bereits informiert war. Seine Reaktion war klar und bestimmt: Jetzt müsst ihr den Prozess neu aufrollen, und zwar für einen Märtyrer. Wir folgten diesem Rat und am 24. September 2016 durften wir in Würzburg das wunderschöne Fest der Seligsprechung von Pater Engelmar feiern.
In diesen Tagen, wo wir uns fragen, wie es mit Europa weitergehen soll, nicht nur im Zusammenhang mit der Ukraine und dem unbeschreiblichen Elend unzähliger unschuldiger Menschen, sind mir Papst Benedikts Worte wieder mit Wucht in den Sinn gekommen."
Seliger Pater Engelmar, bete für Europas Menschen und Völker, damit sie in Frieden leben und ihr christliches Erbe bewahren.

"Es knirscht im Getriebe der Welt"
Anlässlich des Gedenkgottesdienstes zu Ehren des Seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM in der Kirche St. Marien in Maria Veen sagte Pater Dr. Hubert Wendl CMM folgendes: "Unser Alltag läuft nicht mehr rund. Der Coronavirus hat uns jetzt schon zwei Jahre aus der Bahn geworfen. Und nun knirscht es seit Tagen auch gewaltig im Getriebe der Welt. Wir sind völlig aus unserer Ordnung geworfen, die uns bisher getragen hat. Vieles gerät durcheinander, nicht nur in der Ukraine. Wir spüren, wie sehr alles zusammen hängt. Wie wir aufeinander angewiesen sind mit Handelsketten, mit Importen und Exporten. Auf einmal ist unser Leben, an das wir uns gewohnt haben, bedroht. Ein Krieg ist ausgebrochen – vor unserer Haustür. Menschen kämpfen, Menschen sterben und Menschen fliehen vor Gewalt und Terror.
Solche Erfahrungen hat auch Pater Engelmar gemacht. Sein Leben verlief in ziemlich geordneten Kreisen, auch wenn es immer wieder geknirscht hat, wie etwa der frühe Tod seines Vaters. Aber er hat immer wieder eine Ordnung für sich gefunden, so dass er seinen Weg finden konnte. Pater Engelmar hatte sich unserer Gemeinschaft angeschlossen, weil er in die Mission gehen und den Glauben verkünden wollte. Nach seiner Priesterweihe am 6. August 1939 – kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges – konnte er nur kurze Zeit als Priester in Würzburg, Linz und als Pfarrprovisor in Glöckelberg wirken. Am 21. April 1941 erfolgte seine Verhaftung und nach sechs Wochen Aufenthalt im Linzer Gefängnis die Überführung in das KZ Dachau – ohne Verurteilung und ohne Gerichtsurteil. Er wurde einfach aus dem Weg geräumt.
Als junger Priester hat er sich um französische Kriegsgefangene gekümmert, wie dann als Gefangener im KZ Dachau vor allem um Inhaftierte aus dem Osten. Er hat sich da eingebracht, wo es sein eigenes Leben kosten sollte. Pater Engelmar hat sich nicht in sich selbst zurückgezogen, sondern im Gebet und in der Feier der heiligen Messe mit Gott kommuniziert und in aller Konsequenz anderen in ihren Leiden beigestanden. Es wird sogar berichtet, dass er im Konzentrationslager manchmal beinahe die Zählappelle verschwitzt hätte, weil er tief im Gebet vor dem Allerheiligsten in der Gefangenenkapelle versunken war. Der Krieg im Land war allen – auch im KZ – bewusst. Diese Nachrichten konnten von der Zensur nicht zurückgehalten werden. Wo es ihnen möglich war, versuchten die Gefangenen aufeinander zuzugehen und sich gegenseitig beizustehen.
Der Krieg war da im Land – spürbar für alle. Und dann geriet alles noch mehr in Unordnung, es war nicht nur Sand im Getriebe geraten, sondern es schien, als ob alle Zahnräder kaputt gingen und das Chaos ausbrach zu Beginn des Jahres 1945: Typhus brach im KZ aus – grenzenlos und nicht aufzuhalten. Pater Engelmar und einige Mitbrüder wussten genau, dass diese Krankheit einen schweren Verlauf hat und unweigerlich zum Tod führt. Sein Vater war im Ersten Weltkrieg gerade an dieser Krankheit gestorben. Und nun stellt sich Pater Engelmar zur Verfügung, um diese dem Tod geweihten Kranken zu helfen und ihnen beizustehen.
Sein Wunsch, in die Mission zu gehen, hat sich nicht erfüllt, aber er wurde nicht depressiv, sondern er erkannte, dass er auch hier in diesem Lager, „in dem das Böse regiert und wo wir leicht glauben könnten, von Gott und der Welt in unserem Leiden verlassen zu sein", wie er selbst schrieb, seine missionarische Berufung leben konnte – bis zur letzten Hingabe.
Am 2. März 1945 starb Pater Engelmar, nachdem er sich bei der Pflege in den Typhus-baracken selbst mit der tödlichen Krankheit angesteckt hatte. Einige Geistliche aus dem Priesterblock bemühten sich um seine Asche und schmuggelten sie auf abenteuerliche Weise aus dem KZ nach Würzburg. Nach seiner Seligsprechung im September 2016 wurde die Asche von Pater Engelmar im Altar unserer Kirche in Würzburg beigesetzt.
Es gibt viele Situationen, in denen unsere Welt aus den Fugen gerät, in der Sand ins Getriebe kommt und es gewaltig knirscht. Warum müssen Menschen in einem sinnlosen Krieg für den Machtanspruch eines Mannes sterben? Immer wieder lässt uns das Leben zweifeln: „Warum lässt Gott das zu?“
Es ist eine Frage, auf die es keine andere Antwort gibt als den gelebten Glauben. Ein Glaube, der Tat werden will und der in Liebe antwortet, auch in der Umgebung von Hass und Gewalt. Der Glaube kann dann wieder Ordnung in unsere Herzen bringen. Auch wenn ich selbst gefesselt bin, bleibt das Wort Gottes frei und hat die Kraft Fesseln abzustreifen. Es ist eine Freiheit, die auch uns in unserem Alltag tragen kann. So können dann auch wir sehen, wo unsere Liebe, wo wir selbst gebraucht werden.
Wir spüren die Angst, dass Fremdes uns überschwemmt; die Angst vor Hass, Mordlust und Krieg. Es fällt uns schwer zu reagieren und unseren Glauben zu bekennen. Der selige Pater Engelmar kann uns helfen, dass wir als Christen mehr Mut haben, dass wir uns nicht zurückdrängen lassen, dass das Chaos uns nicht beherrschen kann. Er kann uns helfen uns mit anderen zusammenzusetzen und gemeinsam über das Reich Gottes zu sprechen.
Wir müssen mit dem Glaubenszeugnis in die Öffentlichkeit, überzeugend mit einer ehrlichen christlichen Grundhaltung auftreten. Pater Engelmar kann uns helfen, mit unseren Mitteln, wo wir leben, uns für die Gerechtigkeit und für den Frieden einzusetzen.
Denn „Liebe verdoppelt die Kräfte, sie macht erfinderisch, macht innerlich frei und froh“ schreibt Pater Engelmar als Aufmunterung für sich – und für uns."

Gottesdienst zu Ehren des Seligen Pater Engelmar
Festgottesdienst der Missionare von Mariannhill am Sonntag, 27. Februar, um 10 Uhr in der Kirche St. Marien in Maria Veen, Deutschland.
Am 2. März 1945 starb Pater Engelmar Unzeitig CMM im Alter von 34 Jahren an den Folgen einer Typhuserkrankung im KZ Dachau. Er hatte immer wieder seine Migtefangenen im Blick. Er teilte sein Essen mit ihnen und half, wo es ihm möglich war. Schon damals wurde er als Engel von Dachau bezeichnet. Er meldete sich für die Pflege von Kranken und infizierte sich dabei mit der tödlichen Krankheit. Am 24. September 2016 wurde er im Würzburger Dom selig gesprochen. In einem Brief aus dem KZ an seine Schwester schrieb er: "Liebe verdoppelt die Kräfte."
Die Missionare von Mariannhill laden zum Gedenken an den Seligen Pater Engelmar ein. Der Gottesdienst in der Kirche St. Marien in Maria Veen am Sonntag, 27. Februar beginnt um 10 Uhr. Die bekannten Corona-Maßnahmen sind zu beachten.

500.000 NAMEN MEHR IM ONLINE-ARCHIV DER AROLSEN ARCHIVES
Das Online-Archiv der Arolsen Archives über die Opfer der NS-Verfolgung wächst weiter. 500.000 Namen sind nun bei einem Update hinzugekommen und online recherchierbar.
Tausende von Freiwilligen, die bei der Crowdsourcing-Initiative #everynamecounts mitmachen, haben die Namen erfasst.
- Zudem haben die Arolsen Archives bei dem aktuellen Update weitere Sammlungen ergänzt, so dass nun insgesamt 28 Millionen Dokumente online zur Verfügung stehen.
- Ein neues digitales Tool erklärt die Dokumente über Zwangsarbeit.
Bis 2025 wollen die Arolsen Archives den größten Teil der Sammlungen über die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung digital verfügbar machen, so dass eine ganz einfache Suche nach Informationen möglich ist. Mit dem aktuellen Update ist dieses Ziel wieder einen Schritt näher gerückt. „Die Arbeit der Freiwilligen für #everynamecounts wird jetzt in unserem Online-Archiv sichtbar“, erklärt Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. „Dank ihrer Hilfe wächst dieses weltgrößte digitale Denkmal für die NS-Verfolgten jeden Tag.“
Bei der Crowdsourcing-Initiative #everynamecounts engagieren sich Menschen aus aller Welt. Sie bearbeiten auf einer Internet-Plattform Dokumente der Arolsen Archives, um sie nach Namen, Wohn- und Haftorten sowie weiteren Angaben durchsuchbar zu machen. Dazu gehören zum Beispiel Fragebögen, die Häftlinge bei ihrer Ankunft im Konzentrationslager beantworten mussten.
Insgesamt sind nach dem letzten Update 28 Millionen Dokumente über die Opfer und Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung im Online-Archiv der Arolsen Archives verfügbar.
Neue Hintergrundinfos zu den Dokumenten
Gleichzeitig zum Ausbau des Online-Archivs bieten die Arolsen Archives ein neues digitales Tool an, das die Dokumente erklärt und für alle Interessierten einfach verständlich macht. Erschienen ist jetzt der dritte und letzte Teil des e-Guides, der die zentralen
Dokumente über Zwangsarbeit anschaulich erläutert: Wen hat das NS-Regime zur Arbeit gezwungen und welche Informationen stehen auf den Meldeunterlagen? Der e-Guide bringt die Dokumente „zum Sprechen“ und macht das System und die Organisation der Zwangsarbeit nachvollziehbar. Die ersten beiden Teile des e-Guides erläutern die Dokumente aus den Konzentrationslagern und über Displaced Persons nach 1945.
Neu ist zudem, dass der e-Guide zu den KZ-Dokumenten nun neben Englisch und Deutsch auch auf Polnisch zur Verfügung steht. Die russische und französische Version folgt in Kürze. Die Angehörigen von Millionen NS-Verfolgten aus Mittelosteuropa erhalten so hilfreiche zusätzliche Informationen in ihrer Muttersprache.
Zum e-Guide : https://eguide.arolsen-archives.org/
Dieser Link führt zum Online-Archiv der Arolsen Archives:
https://collections.arolsen-archives.org/search/
Über die Arolsen Archives
Die Arolsen Archives sind ein internationales Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie beinhaltet Dokumente zu den verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes und ist eine wichtige Wissensquelle für die heutige Gesellschaft.

Vor hundert Jahren empfing der Selige Pater Engelmar das Firmsakrament
Am 26. September 1921, also vor hundert Jahren, empfing der Selige Pater Engelmar Unzeitig CMM in Zwittau, Tschechien, das Sakrament der Firmung. Das Foto zeigt ihn mit seiner Familie: (vlnr.) Elsa Knötig (Schwester); Emilie Schneider (Schwester): Sel. Pater Engelmar; Mutter Cäcilia Unzeitig (geb. Kohl); Großvater Johann Kohl (Vater der Mutter); Marie Unzeitig (später Missionsschwester vom Kostbaren Blut, Schwester Huberta CPS) und Regina Unzeitig (später Missionsschwester vom Kostbaren Blut, Schwester Adelhilde CPS).

WDR erinnert mit "ZeitZeichen" an den seligen Pater Engelmar
Zum fünfjährigen Jubiläum sendet der WDR ein ZeitZeichen, dass sich mit dem seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM auseinandersetzt und an die Seligsprechung vor fünf Jahren im Würzburger Dom erinnert.
Die Sendung läuft um 9.45 Uhr im Radioprogramm von WDR 5 und um 17.45 Uhr auf WDR 3. Der auch „Engel von Dachau“ genannte Missionar von Mariannhill wurde vor fünf Jahren, am 24. September 2016, im Würzburger Kiliansdom seliggesprochen. Unzeitig war von den Nazis wegen „heimtückischer Äußerungen“ sowie „Verteidigung der Juden“ verhaftet und im Sommer 1941 in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert worden. Unter Lebensgefahr betreute er als Seelsorger Häftlinge, teilte mit ihnen seine kargen Essensrationen und meldete sich freiwillig zum Krankendienst in der Typhus-Baracke. Er starb zwei Monate vor der Befreiung des Lagers an dieser Krankheit. Das „ZeitZeichen“ gibt es auch als Podcast. Weitere Informationen und einen Direktlink zur Sendung: https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/seligsprechung-engelmar-unzeitig-100.html gibt es auf der Homepage des WDR .

Wanderausstellung wird fortgesetzt
Ab 1. Juli 2021 gehen unsere beiden #StolenMemory-Ausstellungscontainer auf Tour und werden bis Ende des Jahres an über 20 Orten in ganz Deutschland Halt machen, um ihre Türen für Besucher*innen zu öffnen.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Schicksale von zehn KZ-Häftlingen aus verschiedenen europäischen Ländern, deren persönliche Gegenstände Teil der Sammlung der Arolsen Archives sind. Einige dieser Erinnerungsstücke konnten wir bereits an die Familien der Verfolgten zurückgeben. In den anderen Fällen suchen wir noch die Angehörigen. Die Ausstellung lädt das Publikum ein, selbst auf Spurensuche zu gehen und die von den Nazis gestohlenen Erinnerungsstücke zurückzugeben.
Die Ausstellung im Übersee-Container wird durch die Maßnahme „Kultur im ländlichen Raum“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert und ist deshalb an vielen Standorten mit weniger als 20.000 Einwohner*innen zu Besuch. Die Wanderausstellung wird aber auch in größeren Städten wie Hamburg und Dortmund zu sehen sein.
Begleitet wird die Wanderausstellung durch eine speziell für Jugendliche entwickelte Website mit animierten Filmen, Webstories, Interviews und pädagogischen Begleitmaterialien. Im Juni 2021 zeichnete die Jury des Grimme Online Awards die #StolenMemory-Website in der Kategorie „Bildung und Wissen“ aus.
Außerdem können Besucher*innen mit der #StolenMemory-App beim Ausstellungsbesuch Videoportraits von Angehörigen ansehen, die über die Bedeutung der Rückgaben sprechen.

Auf die Zukunft vertrauen
Am Samstag, 26. Juni 2021, haben sich zahlreiche Pilger auf dem Weg zur ehemaligen Pfarrkirche von Glöckelberg gemacht. Provinzial Pater Christoph Eisentraut CMM zeigte sich erfreut über die große Teilnehmerzahl, die sich im Gedenken an den seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM zusammen gefunden hatte.
Stationen auf dem Weg: Glöckelberg.pdf
Die Einleitung von Pater Christoph Eisentraut sowie Mag. Matthias List können Sie hier nachhören:
Die Predigt zum Gedenkgottesdienst hielt Mag. Matthias List, Pfarrassistent für Linz-St. Markus, Dekanatsassistent für das Dekanat Linz-Nord, Seelsorgeteambegleiter für Linz-St. Leopold.
Predigt zur Wallfahrt nach Glöckelberg – anlässlich des Gedenkens an den seligen Pater Engelmar Unzeitig
Schriftlesungen: Gen 18,1-15 (Besuch Gottes bei Abraham) und Mt 8,5-13 (Heilung des Dieners des Hauptmanns von Kafarnaum)
Und siehe – da war eine Kirche und ein Friedhof, von Gras überwachsen, von Hirten als Schafstall missbraucht, dem Vergessen preisgegeben. Die Verheißungen, die hier einst gebetet und gesungen, alles schien zunichte; die Predigten einst feurig und lebensgefährlich – hatte das Regime doch den längeren Atem, indem es den einen vernichtet hat, der hier die Lebensregeln Gottes eingefordert und nicht die Regeln des Führers verkündet?
Doch Gott geht andere Wege – in der Hitze des Tages kam er und ließ sich nieder, um seine Verheißung zu erneuern: Übers Jahr werde ich wieder kommen und siehe – du wirst Nachkommen haben; Zukunft wird zugesagt und sie glaubten nicht! Ja sie lachten über diese frommen Zusprüche: Wie soll dies geschehen, der Glaube ist verloschen, wir sind zu alt, die Fruchtbarkeit verbraucht.
Aber das Wunder geschah: Eine Handvoll beherzter Menschen beginnen die Stätte der Erinnerung zu pflegen und wieder aufzurichten. Die Grabsteine werden neu gesetzt, die Kirche erneuert, der Glaube gepflegt – und übers Jahr, ehe man sich versieht, da gibt es wieder Lieder und Gebete und Hoffnungen, die von der Zukunft und vom Vertrauen in Gott singen. Die Herren dieser Welt werden nicht gewinnen, nein, Gerechtigkeit wird geübt! Die, die Gewalt angetan, über sie wird gerichtet und diejenigen, denen Unrecht geschehen, werden verehrt und ihrer wird erinnert.
Liebe Gläubige hier in Glöckelberg, die Geschichte von den drei Fremden bei Mamre, die Abraham und Sarah die schon nicht mehr geglaubte Zukunft verkünden, sie berührt stets mein Herz, weil es eine Hoffnungsgeschichte ist, die uns allen Mut und Zukunft zuspricht. In ausweglosen Situationen, wo wir schon aufgegeben haben, wo die Mutlosigkeit sich wie eine zähe Mittagshitze über alles gelegt hat, dort wo wir schon abgeschlossen haben mit unserem Schicksal, dort hinein spricht Gott seine Zukunftsverheißung – den Spöttern und Lästerern zum Trotz.
Die Zukunft unserer Kirche? Sie hat keine, eine veraltete, verkrustete Organisation, zu viel Sünder in den eigenen Reihen, zu viel Schuld im Lauf der Geschichte, die geht unter, geht vorbei – so mutmaßen viele! Und unsere Herzen sind betrübt angesichts schwindender Gläubiger und weniger werdender Männer und Frauen, die sich in den Dienst Gottes stellen lassen. Aber – siehe – da kommen sie vorbei bei uns und wollen zu Gast sein und sagen uns zu: Die Hoffnung wird nie ausgelöscht, habt doch Vertrauen, Gott selbst gibt seiner Kirche Zukunft.
Ich denke auch an unsere geschundene Welt: Das Klima steht an der Kippe, Hagelstürme, Hitze und Trockenheit, ein Wirbelsturm, der ganze Dörfer vernichtet hier bei uns in Mitteleuropa. Viele sind verzweifelt und glauben nicht mehr, dass wir es schaffen, das Ruder herumzureißen. Aber – siehe – die Jungen Menschen, wütend über unsere Wirtschaftspolitik, die sich nicht schert um die filigranen Zusammenhänge in der Ökonomie unserer Mutter Erde; sie stehen auf, gehen unermüdlich auf die Straße und verkünden: Eine Veränderung ist möglich, wir schaffen es, wenn wir umkehren und der Hoffnung wieder Raum geben. Sie sind die Engel unserer Zeit, die uns Zukunft verheißen, wenn wir sie für möglich halten.
Ich denke weiters an so viele Menschen auf der Flucht vor Kriegen und Elend, die ihre Heimat verlassen müssen – wie damals, als auch hier in Tschechien so viele Menschen losziehen mussten, um andernorts neu ihr Leben aufzubauen. Viele sagen heute: Nein, wir können keine mehr aufnehmen, das geht nicht, das zerstört unsere Gesellschaft. Aber – siehe – engagierte Christinnen und Christen vereint mit vielen Menschen guten Willens engagieren sich für diese geflüchteten Menschen; unterstützt vom Papst und unseren Bischöfen fordern sie eine Politik, die allen Menschen ein gutes Leben zusagt und allen eine Chance bietet. Ist es auch schwierig, gemeinsam können wir dieses Wunder vollbringen und Leben retten; menschlich bleiben aus der Erinnerung, die auch in die Hl. Schrift eingeschrieben ist: Denn du warst selber Fremdling in Ägypten, bedenke also, wie du mit den Fremden umgehst und siehe in ihnen den verängstigten Menschen, der du selber bist!
Liebe Pilgerinnen und Pilger hier in Glöckelberg, wir wollen auf die Zusage vertrauen, die Jesus heute dem Hauptmann in Kafarnaum gibt: Geh, es soll geschehen, wie du es geglaubt hast! Jesus wirbt um dieses Vertrauen in eine Welt, die menschengemäß und deshalb gottgefällig ist. Die Hoffnung, die uns zugesagt ist, an ihr dürfen wir festhalten, auf sie dürfen wir vertrauen; dann ist vieles möglich!
Pater Engelmar Unzeitig hat in einem seiner Briefe geschrieben: „Über seine Kräfte lässt ja Gott keinen versucht werden. Wir wollen daher mit Gottvertrauen in die Zukunft schauen und uns wie auch hier gegenseitig stützen, denn wahre Bruderliebe – heute würden wir sagen: Nächstenliebe – überwindet alle Bosheit der Welt.“
Matthias List, PfarrA in Linz-St.Markus (Es gilt das gesprochene Wort)

WALLFAHRT NACH GLÖCKELBERG 2021
Im Vorjahr musste die Wallfahrt zur Pfarrkirche des Seligen Pater Engelmar Unzeitig wegen der Pandemie leider ausfallen. In diesem Jahr 2021 ist sie für Samstag, 26. Juni, geplant. Wie immer beginnt sie mit einem kleinen Stationenweg am Schwemmkanal ab 13.30 Uhr, anschließend feiern wir Eucharistie um 15 Uhr in der Kirche von Glöckelberg/Böhmerwald.
Nähere Informationen finden Sie rechtzeitig auf dieser Website, auch über eventuelle corona-bedingte Änderungen werden Sie dort auf dem Laufenden gehalten.

„Oscar“ der Kreativ-Branche für #StolenMemory
Große Ehre für die Arolsen Archives: Die Website und Filme zur Kampagne #StolenMemory haben den Grand Prix im Art Directors Club Wettbewerb 2021 erhalten.
- Der „Art Directors Club“ verleiht jährlich Preise für die besten kreativen Arbeiten. Viele Tausend Projekte wurden in diesem Jahr eingereicht.
- Durch die Kampagne #StolenMemory versuchen die Arolsen Archives persönliche Besitzstücke ehemaliger KZ-Häftlinge ihren Familien zurückzugeben.
- Mit der Agentur Goldener Westen erhielten die Arolsen Archives für die #StolenMemory-Filme und Website nicht nur einen „Goldenen Nagel“, sondern auch den „Grand Prix“ in der Kategorie Editorial, bei der es um kreatives Storytelling geht.
„In ruhigen, unpathetischen schwarz-weiß Animationen erzählt #StolenMemory vom Überleben und Menschbleiben in unmenschlichen Zeiten.“ So beschreibt Laudator Kai Wiesinger, Schauspieler und Regisseur, die Videos zu #StolenMemory, die in Zusammenarbeit der Arolsen Archives mit der Agentur Goldener Westen entstanden sind.
#StolenMemory zielt darauf ab, Verwandte ehemaliger KZ-Insassen zu finden, um Besitzstücke zurückzugeben, die ihnen einst gehörten, in der Tat „gestohlene Erinnerungen“. Die Arolsen Archives bewahren rund 2.500 dieser sogenannten Effekten auf und möchten mit der Kampagne Angehörige von NS-Opfern erreichen. Zugleich wurde das Projekt zu einem Bildungsprojekt ausgebaut: mit einer Wanderausstellung in einem umgebauten Übersee-Container, den animierten Filmen und der Website. Dieses Angebot richtet sich vor allem an jüngere Generationen heute.
Die Begründung der ADC-Jury:
„Die Brieftasche eines jungen Polizisten, ein alter Füller, ein Paar Ohrringe, die die Großmutter getragen hat – jedes Jurymitglied könnte jetzt auf der Stelle die Geschichte jener Menschen rekapitulieren, denen diese Gegenstände einst gehörten, so lebendig und eindringlich sind die Videos rund um die ehemaligen KZ-Häftlinge Johannes, István und Helena. In ruhigen, unpathetischen Schwarz-Weiß-Animationen erzählt #StolenMemory vom Überleben und vom Menschbleiben in unmenschlichen Zeiten. Das gründlich recherchierte und unprätentiös erzählte Multimediaprojekt stellt die durchdachte Gestaltung vollständig in den Dienst der Erinnerung und des konkreten Anliegens. Mit wenigen wirkungsvoll gesetzten Akzenten erzeugt #StolenMemory eine unglaubliche Emotionalität, und zieht nicht nur junge Menschen in den Bann, sondern die komplette Jury gleich mit. Eine interaktive „Scrollytelling-Website“ setzt die Suche nach den Angehörigen der Opfer fort, denn rund 2500 Gegenstände warten noch auf die Rückgabe an ihre Familien.“
Archivarbeit und modernes Design passen zusammen
Seit 2019 arbeiten die Arolsen Archives, das weltweit umfassendste Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus, mit der Agentur Goldener Westen für #StolenMemory zusammen.
„Es ist möglich, auf fesselnde Weise über Geschichte zu sprechen! Das ist der Weg – oder zumindest einer der Wege, es zu tun. So berühren wir Herz und Verstand und können die Menschen ermutigen, heute etwas gegen Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz zu tun“, freut sich die Direktorin der Arolsen Archives, Floriane Azoulay, über die Auszeichnung.
Arne Keunecke, Gründer von Goldener Westen, beschreibt die Zusammenarbeit so: „Das Schönste am #StolenMemory-Projekt für mich war die Tatsache, wie interdisziplinär und eng wir hier von Anfang an zusammengearbeitet haben. Das hat das Ganze sicher nicht leichter für uns gemacht aber definitiv besser!“
Dass Archivarbeit und modernes Design zusammenpassen, ist spätestens mit dem Grand Prix des ADC bewiesen. Eine weitere Besonderheit: Goldener Westen konnte #StolenMemory über die Solidaritätsaktion des diesjährigen ADC-Wettbewerbs kostenlos einreichen und als kleinere Agentur in Konkurrenz mit bekannten Namen treten.
Weiterführende Links:
Zur Siegerehrung für #StolenMemory des Art Directors Club Wettbewerb 2021: https://www.youtube.com/watch?v=b0-VPgZoOm4
Zur Kampagnen-Website #StolenMemory: https://stolenmemory.org/

Tag der Befreiung
Zum 76. Mal jährt sich Ende April 2021 die Befreiung des Konzentrationslagers Dachau durch Einheiten der US-Armee. Dieses historische Ereignis kann leider aufgrund der Corona-Pandemie nicht mit einer großen Gedenkfeier vor Ort begangen werden. Stattdessen gedenkt man im Zeitraum vom 29. April bis 2. Mai 2021 mit verschiedenen digitalen Formaten des 76. Jahrestags der Befreiung.
Alle sind herzlich dazu eingeladen, an dem virtuellen Gedenken teilzunehmen. Unter dem folgenden Link werden ab dem 29. April viele unterschiedliche digitale Veranstaltungen und Angebote verfügbar sein:
https://www.kz-gedenkstaette-dachau.de/liberation/
Trotz der angespannten Pandemiesituation wird ein Stilles Gedenken in kleinem Rahmen vor Ort am 29. April durchgeführt. Des Weiteren werden zur zentralen Befreiungsfeier am 2. Mai unter anderem auch Monika Grütters, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, und Prof. Dr. Michael Piazolo, Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus in Vertretung der Bayerischen Staatsregierung, mit Redebeiträgen an das historische Ereignis erinnern. Umrahmt werden die Gedenkfeiern von den persönlichen Erzählungen und Gedenkbotschaften zahlreicher Überlebender und Befreier. Ein Schwerpunkt liegt auch auf den Nachkommen der ehemaligen Häftlinge, die in persönlichen Videobotschaften zu Wort kommen. Zudem konnte die Familie von Max Mannheimer für ein Live-Gespräch gewonnen werden. Ebenso wird auch die Niederlegung der gestifteten Kränze wieder Teil des virtuellen Gedenkens sein, da dies auch in diesem Jahr leider wieder ohne Zeremonie und Teilnehmende stattfinden wird.

Freund des Seligen Pater Engelmar wird geehrt
Am Sonntag, 25. April 2021, ehrt die Kolpingsfamilie in Heppenheim ihren früheren Präses Pfarrer Hans Brantzen. Zu seinen Ehren wird eine Gedenktafel am Haus Martin in Heppenheim angebracht. Pfarrer Brantzen gehörte zu den Klerikern, die von 1941 bis 1945 im KZ Dachau inhaftiert waren. Während dieser Zeit freundete er sich auch mit dem Seligen Pater Engelmar Unzeitig CMM an. 1950 wurde ein Bericht von Pfarrer Hans Brantzen veröffentlicht: "Ich lernte Unzeitig genauer kennen, als wir im April 1942 den schweren Kreuzweg der Dachauer Priestergemeinschaft erlebten. Dieser bestand in harter Arbeit im Dachauer Moor, der sogenannten Plantage. Erschwert wurde diese Arbeit noch durch den Umstand, dass den Priestern im Gegensatz zu den anderen Häftlingen, Ausländer und Russen miteingeschlossen, die sogenannte Brotzeit verweigert wurde. Diese Brotzeit war nämlich die Zugabe für die Arbeiter in den Kommandos. Dort nun lernte ich Unzeitig kennen als Mitarbeiter im Gewächshaus 6 der berüchtigten Plantage (Näheres über diese Plantage im Buche von P. Sales Heß "Dachau, eine Welt ohne Gott"). Es waren furchtbare Monate, in Hitze, Regen und Schnee. Wir mussten Schubkarren fahren, Beete ausheben, saßen bei Regen und Sturm auf den Pikierbeeten, Unzeitig und ich oft zusammen. Ohne ein falsches Loblied singen zu müssen, darf ich beteuern: Er war immer der gleiche; wenn die anderen klagten und heimdachten an die guten, alten Tage, wenn es ihnen zu viel wurde und sie nicht mehr konnten, schaute er nach oben zum Vater. Und es half. Hauptpunkte seines feinen Charakters waren Bescheidenheit, Ruhe und Verträglichkeit in der Enge des Blockes. All das ließ ihn nicht auffallen. Was auffiel, war seine Caritas, wenn er bei seinen Mitbrüdern für andere arme Häftlinge bettelte. So war er auch manches Mal bei mir, wenn ein Paket angekommen war. Wie oft saß er abends nach der kargen Mahlzeit, vor seinem Buche "Werktagsheiligkeit" und machte Exzerpte, über die ich mich mit ihm oft unterhielt.
Beide gehörten wir einem kleinen Kreise an, der über liturgische, homiletische und praktische Fragen der Seelsorge diskutierte. Keine freie Zeit versäumte er zur Adoratio (stille Anbetung). Wenn wir von der harten Arbeit müde auf unseren Block kamen, um unseren Schlag Steckrüben oder anderes zu fassen, sah man ihn in die Kapelle gehen, bevor er die Stube betrat. Abends war Unzeitig stets für Minuten in der Kapelle zu sehen; desgleichen vor jedem Antreten. Mit größtem Heroismus hielt er sich während des Sterbesommers und der Hungermonate 1942 aufrecht, oft zum Zusammenbrechen müde und schlapp wie wir alle. Dabei blieb er stets der gleiche hilfsbereite Mann.
Nachdem ich nach meiner Genesung von schwerem sechsmonatigem Typhus im Juni 1943 auf den Block zurückgekehrt war, fand ich mich mit Unzeitig bald in einem neuen Kommando: Besoldungsstelle der Waffen-SS außerhalb des Lagers. Dort erhielt er durch seine reservierte, untadelhafte Haltung eine solche Macht über seinen vorgesetzten SS-Führer, einen kriegsversehrten Unterscharführer, dass dieser sich oft mit ihm in tiefere Gespräche einließ. Ja Unzeitig konnte diesem SS-Mann sogar Briefe persönlichen Inhalts schreiben und auch sonst entsprechend wirken. Es war dies ein ganz eigenartiges Verhältnis, fast ein Mysterium, wie P. Unzeitigs tiefinnerliche, priesterliche Haltung auf diesen Menschen wirkte, der bis dahin der Kirche ferngestanden war. Es wird wohl immer ungeklärt bleiben, was die beiden im letzten sprachen und wie tief P. Unzeitig die Zukunft dieses Menschen beeinflusste.
Als wir Geistliche wegen einiger "Vorkommnisse" aus der Besoldungsstelle verwiesen wurden, fanden wir wieder ein gemeinsames Kommando: Messerschmitt, Flugzeugbaracke mit Tag- und Nachtschicht. Wir arbeiteten uns zu Kontrolleuren auf und bekamen dadurch die Möglichkeit, manches Gute zu wirken an armen Russenjungen und kleinen Franzosen und Italienern und überhaupt an all denen, die uns unterstellt waren. Und hier bei Messerschmitt erlebten wir bei P. Unzeitig ein Ereignis besonderer Prägung, bei dem seine Hilfsbereitschaft für religiös suchende Menschen besonders zum Ausdruck kam. Dort musste uns ein russischer Familienvater [ein Ingenieur], Peter mit Namen, in die ersten Anfänge der Technik einführen. Er war ein guter Mann, Vater von zwei Kindern, die wohl heute noch mit ihrer Mutter auf den Vater warten. Peter entpuppte sich als ein schlichter, aber tiefer und geistig reifer Mensch, der die Probleme des Lebens sieht und anpackt. Und so begannen bald Gespräche um Gott in den Nächten bei Messerschmitt, Nikodemusstunden eigener Art. P. Unzeitig nahm sich immer mehr dieses Suchenden an, der zur russischen Kirche gehörte. Die beiden trafen sich außerhalb der Arbeit oft auf der Lagerstraße zu Zwiegesprächen. Es entwickelte sich zwischen den beiden ein feines Freundschaftsverhältnis auf geistiger Basis. Um sich besser mit Peter verständigen zu können, lernte P. Unzeitig fleißig Russisch. Aber in diesem Peter war eine letzte Unsicherheit und ein letztes Bangen. Und da kam ein Ereignis, das ihn ganz für den Glauben gewann. Zum zweiten Mal, während unserer Zeit, im Februar 1945, tritt der Typhus auf, und zwar mit ungekannter Heftigkeit. Diesmal war es der Fleck- und Hungertyphus. Die Zustände auf allen ungeraden Blocks bis Block 29, die zu Revieren, oder besser gesagt, zu vollgepfropften Sterbe- und Totenkammern wurden, bedingten es, daß sich die Geistlichen freiwillig zum Dienst an den armen Menschen meldeten. Niemand wollte mehr Pflegedienste tun, am wenigsten das offiziell aufgestellte Nazi-Pflegepersonal. Unter den Freiwilligen ist auch P. Unzeitig. Er wird angesteckt und stirbt wie so viele andere seiner Mitbrüder. [Unzeitigs] Entscheidung, freiwillig in die Krankenblocks zu gehen, hat bei Peter das Eis gebrochen und das letzte Hindernis entfernt. Der Tod seines Missionars erschüttert ihn fürchterlich. Er verehrt P. Unzeitig wie einen Heiligen. Er ließ auch seinen Angehörigen einen sogenannten schwarzen Brief zugehen, in dem er P. Unzeitig als Heiligen preist, der ihm Christus gebracht und so sein Ideal Missionar zu werden, auf eine ganz eigenartige Weise erfüllt hat. Dass den Toten keine Ehrung zuteil wurde, war für uns Dachauer zu selbstverständlich. Die Toten dieser Typhuskatastrophe konnten gegen Ende Februar und im März nicht mehr verbrannt werden, da keine Kohlen und kein Holz mehr zur Verfügung standen. So wurden sie im Krematoriumsbereich aufgeschichtet und mit Chlorkalk übergossen. Unter diesen vermuteten wir auch P. Unzeitig. Doch es hat sich herausgestellt, dass seine Leiche separat verbrannt worden ist. Die Asche wurde nach Würzburg gebracht und in der Gruft der Missionare von Mariannhill ehrenvoll beigesetzt."